Trauerbegleitung: Was hilft beim Umgang mit Trauer?

Zeiten der Trauer stellen uns vor große Herausforderungen. Hier finden Sie Inspiration, wie Sie mit der Trauer umgehen können, wo Sie Hilfe finden und wie Sie andere darin unterstützen können

Trauerbegleitung: Was hilft beim Umgang mit Trauer?

Was ist Trauer?

Trauer ist eine natürliche emotionale Reaktion auf einen Verlust. Es ist nicht nur ein Gefühl von Traurigkeit, sondern ein facettenreicher Prozess. Der Trauerprozess verläuft bei jedem Menschen ein wenig anders und kann sich (manchmal auch gleichzeitig) sehr verschieden anfühlen. So ist es gut möglich, neben der Traurigkeit auch weitere starke Gefühle wie Wut, Schuld, Angst, Einsamkeit oder auch Erleichterung zu empfinden. Genauso kann es sein, dass der Seelenschmerz sich auch körperlich ausdrückt: Zum Beispiel durch Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und körperliche Schmerzen. Nicht nur der Verlust durch Tod, sondern auch viele weitere kleine und große Abschiede können Trauer auslösen. In diesem Artikel liegt der Fokus auf Verlust eines geliebten Menschen, auch wenn die Hinweise für viele Trauersituationen hilfreich sind.

Wann hört das auf?

Tiefe Trauer ist oft ein schmerzhafter Prozess und sowohl Betroffene, als auch das Umfeld wünschen sich natürlich, dass sich Linderung einstellt. Hier ist es jedoch wichtig, sich nicht unter Druck zu setzen, schnell wieder zu „funktionieren“ wie vorher. Vieles ist und bleibt anders und es ist normal, wenn lange nach der Beisetzung eines geliebten Menschen noch Trauerwellen und Sehnsucht aufkommen im Trauerprozess. Schließlich müssen Trauernde lernen, ohne eine wichtige Bezugsperson ihr Leben neu zu gestalten. Das ist keine leichte Aufgabe und erfordert Geduld, Unterstützung und Vertrauen darin, dass sich im ganz eigenen Tempo nach und nach wieder Lebensfreude einstellen darf. Gleichzeitig kann es sein, dass sich die Trauer nach der akuten Phase im Lauf des Lebens immer wieder zeigt. Das bedeutet nicht, dass man etwas falsch gemacht oder nicht gut verarbeitet hat. Wenn ein wichtiger Mensch aus unserem Leben geht, darf das auch ein Leben lang spürbar sein.

Meine Trauer gehört zu mir

Die wichtigste Aufgabe in der Trauer besteht darin, sie anzunehmen – auch, wenn man sich diese Situation niemals herbeigewünscht hat. Statt Trauer als das Problem anzusehen kann es helfen, sie als unliebsamen, aber wohlmeinenden Gast zu betrachten. Die Trauer mit ihren Gefühlswellen hilft dabei, in einer großen Lebensveränderung gut auf sich zu achten, einen Verlust emotional zu verarbeiten und sich dem verstorbenen Menschen nah zu fühlen. Je mehr wir versuchen, sie wegzuschieben, umso vehementer wird sie ungebeten an unsere Tür klopfen und sich vielleicht auch durch körperliche Symptome bemerkbar machen.

Was kann ich tun?

Auch wenn wir die Trauer nicht „wegzaubern“ können gibt es viele Möglichkeiten, um Halt und Linderung zu erfahren:

  • Die Basis - Ernährung, Bewegung, Erholung: Trauer bedeutet erst einmal emotionalen Stress. Zwischen Psyche und Körper besteht jedoch eine Wechselwirkung, die großen Einfluss auf die Trauerverarbeitung haben kann. Achten Sie daher auf ausgewogene Ernährung: essen Sie viel Obst und Gemüse und reduzieren Sie übermäßig Alkohol, Kaffee und Zucker. Versuchen Sie zudem, sich regelmäßig zu bewegen – so, wie es Ihnen und Ihrem Körper gut tut. Sei das Yoga, Spazierengehen oder Tanzen zum Lieblingslied. Ausgiebigen Kraft- und Ausdauersport sollten Sie nur praktizieren, wenn es ihr Energielevel zulässt und Ihnen wirklich gut tut. Bleiben Sie andernfalls bei sanften Aktivitäten und gönnen Sie sich viel Ruhe. Denn: Es ist gut möglich und normal, dass Sie für einige Zeit viel weniger Energie haben, als Sie es gewohnt sind.
  • Die eigenen Bedürfnisse achten: Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine Verletzung. Sie würden sich schonen, alles Belastende weglassen und die Wunde gut versorgen, bis sich Besserung einstellt. So verhält es sich auch mit der Trauer, auch wenn die Verletzung seelischer Natur ist. Achten Sie besonders gut auf sich und Ihre Bedürfnisse – was tut Ihnen heute gut und fühlt sich gerade richtig an? Worauf möchten Sie zur Zeit lieber verzichten? Dabei ist es wichtig zu wissen, dass jeder einen anderen Umgang mit Trauer hat: Manche zeigen sie offen und möchten sich mitteilen, manche sind lieber für sich. Manche brauchen viel Zeit für stille Reflektion, manche benötigen Ablenkung durch Arbeit. So verschieden wir Menschen sind, so unterschiedlich gehen wir mit Verlusten um – und das ist völlig in Ordnung so.
  • Kreativ werden: Statt vieles innerlich mit sich selbst auszumachen ist es hilfreich, starken Gefühlen und kreisenden Gedanken Ausdruck zu verleihen. Auch, wenn Sie damit keinerlei Erfahrung haben: Experimentieren Sie mit Malen, Musik oder Schreiben, um Ihre Erfahrung auszudrücken und dadurch vielleicht neue Perspektiven zu finden. Legen Sie zum Beispiel ein Trauertagebuch an, in dem Sie alles aufschreiben, was Sie bewegt.
  • Zeit in der Natur: Ausflüge in den Wald, die Berge oder den Park um die Ecke können Ihnen Erholung und neue Perspektiven ermöglichen. Bereits lange Spaziergänge an der frischen Luft reichen aus, um neue Energie zu tanken.
  • Die Verbindung pflegen: Aus der heutigen Forschung weiß man, dass wir die Beziehung zu geliebten verstorbenen Menschen keineswegs loslassen müssen, um die Trauer zu verarbeiten. Über kleine Rituale und Erinnerungsimpulse können Sie die Verbindung erhalten. Kochen Sie das Lieblingsessen des/der Verstorbenen, stellen Sie ein schönes Bild mit einer Kerze zur Erinnerung auf, oder laden Sie andere zu einer gemeinsamen Aktivität ein, die dem/der Verstorbenen gut gefallen hätte.
  • Sich mitteilen: Trauer fühlt sich oft einsam an. Es kann bei der Trauerbewältigung helfen, sich Freunden und Angehörigen anzuvertrauen. Auch der Austausch oder Gespräche mit anderen Betroffenen in lokalen Trauergruppen oder Onlineforen kann zeigen, dass man mit seiner Erfahrung nicht allein ist. Denn wir alle erfahren im Laufe unseres Lebens Verlust und können Halt darin finden, uns verstanden zu fühlen.
  • Unterstützung suchen: Ein großer Verlust, z.B. durch den Tod, kann einen Umbruch im Leben bedeuten. Professionelle Trauerbegleitung oder Therapie sind in der Regel zwar nicht notwendig, denn Trauer ist keine psychische Erkrankung. Allerdings kann es heilsam sein, einen Menschen an der Seite zu haben, der sich mit Trauerprozessen auskennt und beim Navigieren der neuen Lebensphase unterstützt.
Das Wort Liebe in Trauerkarte-schreiben-Ratgeber

Trauerbegleitung verständlich erklärt 

  • Was ist Trauerbegleitung?
    Trauerbegleitung ist ein professionelles Angebot für Menschen, die einen Verlust erlitten haben. TrauerbegleiterInnen bieten emotionalen Beistand, helfen bei der Verarbeitung des Verlusts und unterstützen dabei, neue Perspektiven und Lebensinhalte zu finden.
  • An wen richtet sich Trauerbegleitung?
    Die Begleitung kann in Form von Einzelgesprächen, Gruppensitzungen (Trauergruppen) oder speziellen Trauerseminaren erfolgen und richtet sich sowohl an Erwachsene als auch an Kinder und Jugendliche. 

  • Wer bietet Trauerbegleitung an?
    Bestatter, Hospize, Palliativstationen und kirchliche Einrichtungen bieten oft Trauerbegleitung an oder können qualifizierte Fachkräfte empfehlen. Darüber hinaus gibt es spezialisierte Organisationen und Vereine, die Trauerbegleitung als Dienstleistung anbieten. Eine Suche zu lokalen TrauerbegleiterInnen im Internet oder in Verzeichnissen von Berufsverbänden für Trauerbegleitung kann ebenfalls hilfreich sein. Viele TrauerbegleiterInnen bieten heutzutage auch digitale Begleitung an. Bei der Auswahl sollten Sie auf entsprechende Qualifikationen und eine vertrauensvolle, empathische Haltung achten. Es ist ratsam, ein Vorgespräch zu vereinbaren, um zu prüfen, ob die Chemie zwischen Ihnen stimmt.

Trauerbegleitung: Umgang mit Trauernden

Nicht nur die eigene Trauer, sondern auch die Begleitung Betroffener bei ihrer Trauerbewältigung kann eine Herausforderung sein. Im Folgenden haben wir Hinweise zusammengefasst, die hier weiterhelfen:

  • Konkrete Hilfen anbieten: Für Trauernde Menschen ist es oft nicht leicht, von sich aus um Hilfe zu bitten. Bauen Sie eine Brücke, indem Sie sich regelmäßig melden und bestenfalls konkrete Angebote machen, die angenommen, oder abgelehnt werden können. Egal, ob das Gespräche, Erledigungen oder gemeinsame Unternehmungen sind.
  • Achtsam mit sensiblen Themen umgehen: Je nachdem, wie ein Mensch verstorben ist – ob es eine lange Krankheitsgeschichte war oder ein plötzliches Ereignis – können bestimmte Themen wie „Krankenhaus“ oder „Unfälle“ für die trauernde Person gerade schlimme Erinnerungen wach rufen. Gehen Sie damit vorsichtig um, indem Sie nachfragen, wenn Sie unsicher sind, oder einen Bogen um solche „Trigger“ machen.
  • Keine Angst vor Tränen: Oft gehören zur Trauer auch starke Gefühle. Tränen sind eine Möglichkeit, diesen emotionalen Stress abzubauen. Falls Ihr Gegenüber weint, ziehen Sie sich nicht zurück, sondern halten sie Situation mit aus. Das wirkt der Vereinsamung Trauernder entgegen und schafft Verbindung. Übrigens: Wenvern jemand nicht weint, bedeutet gleichzeitig keineswegs, dass keine tiefe Trauer vorhanden ist.
  • Geduld: Viele Trauernde haben wesentlich länger mit ihren Gefühlen zu tun, als wir vermuten oder von außen sehen können. Signalisieren Sie auch einige Monate bis Jahre nach dem Verlust noch ein offenes Ohr, oder schreiben an wichtigen Tagen wie den Todestag oder Geburtstag des/der Verstorbenen eine liebe Nachricht.
  • Mutig nachfragen: Statt das Thema Trauer bewusst zu meiden, sprechen Sie Trauernde darauf an und fragen nach, was Ihnen gut tun würde. Sie reißen dadurch keine Wunde auf, sondern öffnen Raum für Ihr Gegenüber. Die meisten Menschen freuen sich über ehrliches Interesse und sind dankbar, wenn sie Möglichkeiten bekommen, um sich mitzuteilen.

Der Trauer begegnen wir am besten, indem wir sie bewusst zulassen, unsere individuellen Bedürfnisse achten und mit viel Geduld einen kleinen Schritt nach dem anderen tun. Dabei nicht allein zu bleiben, sich mitzuteilen und gegenseitig zu unterstützen hilft dabei, wieder Lebensfreude zu empfinden, auch wenn ein Verlust uns ein Leben lang begleiten kann.

Die Trauerbegleiterin Kristin Schall arbeitet vor Ort in Berlin, als auch digital im Videocall mit Menschen, die einen Verlust erlebt haben. Nach einigen Berufsjahren im Bildungsbereich folgte sie ihrem Herzensruf, Abschiede individuell und zeitgemäß zu begleiten. Sie sammelte zunächst Erfahrung in einem modernen Berliner Bestattungshaus und spezialisierte nach Abschluss mehrerer Weiterbildungen zu Trauerbegleitung, Psychotherapie und Achtsamkeit auf die Arbeit mit Trauernden im 1:1 und in Gruppen. Ihr Anliegen ist es, die Themen Tod und Trauer aus der Tabuzone zu holen und Menschen dabei zu unterstützen, ihren ganz eigenen Weg durch diese prägende Lebenserfahrung zu finden.